Professionelle Audio-over-IP-(AoIP-)Distribution hat sich in den letzten Jahren in der Rundfunkwelt etabliert und wird beständig weiterentwickelt. Der Beitrag beschäftigt sich mit aktuellen Entwicklungen im Live-Umfeld.
Die Qualitätsanforderungen in der Sportberichterstattung zu großen Events, die über Radio oder TV von den Fans verfolgt werden, schreiten schnell voran. Hohe Audioqualität, Flexibilität, Übertragungssicherheit, Kompatibilität und Simplizität sind die Wörter der Stunde. Die inneren Werte der neuen Audio-over-IP-Produktserie von 2wcom orientieren sich an diesen Parametern und basieren auf dem Know-how, das das Ingenieursteam in Flensburg durch den MM01- und den MM08E-Encoder erlangt hat. Der MM01 war bereits bei der Fußball-WM 2018 und Sportveranstaltungen für Audiodeskription im Einsatz. Für letztere ist eine Übertragung in Echtzeit zwingend, um blinde oder sehbehinderte Menschen vollumfänglich teilhaben zu lassen. Das Konzept wurde durch Anforderungen von Kunden und Partnern aus dem Live-Event-Bereich abgerundet.
Der IP-4C Codec und der MoIN Server sind für Livezu- Studio-, Studio-zu-Studio- und für Studio-zu-Transmitter- Systemumfelder sowie eine crossmediale Arbeitsweise konzipiert. Beide bieten durch Schnittstellenkompatibilität (auch Fremdapplikationen) eine hohe Flexibilität für die Kontribution in gemischten Netzen mit gewachsenen Strukturen, wie sie oft auf der Strecke von „Live-Veranstaltung/Reporterkabine/ Übertragungswagen“ bis zum „Hauptsendestudio oder Regionalstudio(s)“ zu finden sind. Ergänzend werden alle wichtigen Protokolle für Internet-Interoperabilität unterstützt. Dies umfasst Livewire+ für Studioumgebungen, Dante für kleinere Sendernetzwerke (etwa in Studios oder Theatern), Ravenna für die Verteilung in großen Sendernetzwerken und SRT für die Audioübertragung im Fernsehbereich.
Mit EBU N/ACIP Tech 3326, AES67 und SMPTE ST 2110 wird der Datenaustausch unter den verschiedenen Übertragungsprotokollen und Schnittstellen harmonisiert. Ergänzend können die Protokolle zwischen allen angebundenen Netzen transformiert werden – z. B. vonLivewire zu Ravenna.
Kontrolliertes Real-Time Streaming erfolgt über RTP, RTSP und RTCP. Um die Datenübertragung und die Kommunikation zwischen den einzelnen Punkten zu regeln, stehen diese Protokolle zur Verfügung: HTTPS, TCP/IP (Icecast für Internet Radio Streams), ICMP, HCP, Discovery, Bonjour, IGMPv2 & v3, SFTP und UDP.
Für Real-Time-Anwendungen, die via Internet verteilt werden, oder für mobile Zielgruppen wie z. B. LKW-Fahrer ist eine hohe Audioqualität und niedrige Latenzzeit gerade bei populären Veranstaltungen wie Fußball-WM oder Formel 1 enorm wichtig. Hierfür können z. B. Codec-Algorithmen wie PCM, E-aptX oderOpus ausgewählt werden. Wenn das Event aber nur über ein Online-Medienarchiv abrufbar sein soll, dann reichen auch Codec-Algorithmen wie Ogg Vorbis, alle AAC-Profile wie z. B. Extended HE xHE oder alle gängigen MPEG Layer. Um in hoher Audioqualität aufgezeichnete Sport-Events den Medienarchiven bereitzustellen, kann beliebig unter den genannten Codec-Algorithmen zu transcodiert werden - z. B. von PCM zu AAC xHE.
Unterschiedliche Studioaufnahmen oder Klangkulissen können zueinander gebracht werden, indem die einzelnen Audio-Streams zu Multichannel-Streams kombiniert werden. Das können Geräusche direkt vom Spielfeldrand, von der Tribüne und Kommentare aus der Sprecherkabine sein oder auch, im Falle von lokalen Senderstudios, regionale Inhalte.
Für das Publikum wichtige Informationen, wie Verkehrsnachrichten, die parallel zur Sportübertragung gesendet werden, lassen sich als Zusatzdaten (Ancillary Data) unter den Netzen austauschen. Die bei Live-Events geforderte, absolut synchrone Übertragung an alle Senderstandorte wird entweder über ein perfektes Latency Management durch das Precision Time Protocol (PTPv2) oder durch 1PPS erreicht. Hierdurch lassen sich verschiedene Audiokanäle zwischen unterschiedlichen Netzwerken synchron routen.
Der tägliche Betrieb im Feld, Studio oder den technischen Umfeldern der Rundfunkanstalten wird durch ein Web-Interface vereinfacht, über das alle Einstellungen für den operativen Betrieb, Management und Control vorkonfiguriert werden können. Als weitere Möglichkeit ist dies auch remote per PC über SNMP Traps möglich. Die Easy2connect-Funktionist praktisch ein Telefonbuch und ermöglicht durch SIP (Session Initiation Protocol) einen unkomplizierten Verbindungsaufbau (bis zu 1024 SIP-Einträge möglich). Weitere Flexibilität wird urch Unterstützung von DHCP Servern erreicht, für die automatische Vergabe von IP Adressen, Subnet, Gateway und DNS, ohne Anfrage beim Systemadministrator.
Beide Geräte bieten eine hohe Skalierbarkeit. Das kann interessant sein, wenn für bestimmte, punktuell stattfinde Events temporär mehr Kanäle zu verarbeiten sind als im Tagesgeschäft. Hardwareseitig ist beim IP-4c die Aktivierung von bis zu vier Kanälen möglich, als Software-Service (für Server, virtualisiert oder für Docker) ist die Anzahl auf 512 Kanäle erweiterbar. Der MoIN Server kann, abhängig von den zur Verfügung stehenden Systemkernen, bis zu 512 Kanäle verarbeiten. So ist ein Szenario denkbar, in dem IP-4c Codecs bei Live-Events wie Ligaspielen eingesetzt werden, um die Programminhalte an den zentralen Senderstandort zum MoIN Server zu übermitteln, der diese an regionale Studios,oder Transmitterstationen weiterverteilt.
Die gerade für große Events wichtige Übertragungssicherheit wird durch ein mehrstufiges Konzept erreicht: - Software: Vor Paketverlusten schützt zum einen eine Pro-MPEG FEC, zum anderen das integrierte SRT Secure Reliable Transport Protocol, das eine zuverlässige IP-Paket-Auslieferung auch bei sehr hohen Verlusten sichert. DualStreaming sorgt durch zwei physikalisch getrennte IP-Schnittstellen ür Redundanz (ElementaryStream und/oder Transport Stream). Stream4Sure ermöglicht die Übertragung des Programms in vier verschiedenen Audioqualitäten. Falls der Elementary tream mit der besten Audioqualität unterbrochen wird, wechselt der Decoder Sample präzise zum nächsten verfügbaren Stream.
Hardware: Je nach Bedarf ist der IP-4c mit fest integrierten oder bis zu zwei im laufenden Betrieb austauschbaren Netzteilen ausgestattet.
Zudem werden intelligente Funktionen wie Audio-Routing, Management, Leveling, Loudness und Mixing zwischen verschiedenen Protokollen und Systemumfeldern geboten. Der Server kann Audiomischpulte ersetzen und alle Audiosignale (auch verschiedener Clocks) verarbeiten. Der Codec kann als Encoder einen MPEG TS erzeugen oder auch mit integriertem FM Tuner als Rebroadcast Receiver genutzt werden. So bieten IP-4c und MoIN je nach Anwendung, Zielgruppe, geforderte Audioqualität und Übertragungsökonomie viele Lösungsmöglichkeiten.