Berufsbilder der Medientechnik

IN DIESER REIHE STELLT DIE FKT IM RAHMEN EINES INTERVIEWS IN JEDER AUSGABE EINEN BERUF AUS DEM WEITEN FELD DER MEDIENTECHNIK VOR.

FKT Magazin 3/2019

FKT: Wie bist Du zu Deiner Entscheidung  für den Bereich Medientechnik gekommen?
Yvonne Thomas: Rückblickend gab es für mich damals zwei Berufsoptionen, entweder Schreiner oder Mediengestalter. Ich wollte praktisch mit den Händen arbeiten,aber auch kreativ sein. Ursprünglich hatte  ich auch nicht unbedingt vor, direkt zu studieren, wollte erst eine Ausbildung machen. Ich hatte zwar schon ein Schülerpraktikum  eim Saarländischen Rundfunk absolviert, habe mich dann aber nach der Schule für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr entschieden. Mein Chef dort war früher Aufnahmeleiter beim ZDF und so kam die Fernsehtechnik erneut ins Spiel.

Im Anschluss habe ich daher ein Praktikum bei Montage Plus gemacht, der Firma  der Nachbarin meines damaligen Chefs. Heike Haedecke war früher Cutterin beim ZDF und ist auch als schnellste Cutterin Deutschlands bekannt. Dort konnte ich schon viel selbstständig umsetzen undhabe mich schon ein Stückchen in den  Bereich Schnitt eingearbeitet.

Durch das Praktikum bei Montage Plus  habe ich dann vom Studiengang erfahrenund mein Interesse war geweckt. Das  Studium Fernsehtechnik und elektronische Medien ist sehr technisch: Mathe, Physik, Elektrotechnik stehen auf dem Lehrplan, alles Fächer, die ich auch gerne in der Schule gehabt habe. Ich hatte aber zu dem Zeitpunkt noch keine Vorstellung, was ich  einmal damit machen würde. Ich dachte immer „cool, ich arbeite mal im Studio“, und die einzige Überlegung war, ob Audio oder Video. Während des Studiums hatteich dann zunächst immer noch die ziemlich naive Vorstellung, einmal als Audiotechniker oder Bildmischer, vielleicht als Kamerafrau Karriere zu machen.

Damals haben ganz viele mit dem Studium  begonnen, die eher etwas Kreatives machen wollten und sich gar nicht bewusst waren, wie technisch das Studium ist. Diemeisten von ihnen haben nur ein Semester durchgehalten. Auch muss man sich dessen bewusst sein, dass man beim Fernsehen am Wochenende bzw. an Sonn- und Feiertagen arbeiten muss, das war vielen Studienanfängern auch nicht so bewusst.

Wie hat sich Dein Themenschwerpunkt  ergeben?
Was fasziniert Dich daran?Das war dann Schicksal, durch meine Zeit  bei der EBU. Dadurch hat mein Weg erst einmal eine andere Richtung eingeschlagen, mich in den Bereich Forschung undStandardisierung geführt. Bei der EBU ging  es darum, Zukunftsthemen und Strategien zu entwickeln. Dafür braucht es technisches Verständnis, aber auch der Aspekt Mensch ist wichtig. Damals wie heute ist  s von zentraler Bedeutung mit Menschen zu reden, zu verstehen, wie sie arbeiten  und was sie brauchen. Dies muss danninsgesamt evaluiert und in der weiteren Entwicklung von Themen und Technologien berücksichtigt werden.

Du hast in Deiner Karriere die Medienund  Broadcasttechnik von verschiedenen Seiten aus gesehen, warst beim ZDF,wissenschaftliche Mitarbeiterin an der  Hochschule RheinMain, dann bei der EBU in Standardisierungsprojekte involviert und bist jetzt im Produktmanagement gelandet. War das immer Dein Ziel? Wiehaben sich Dein Arbeitsumfeld und auch Deine Arbeitsweise im Vergleich verändert?
Der krasseste Gegensatz war mein Wechsel von der EBU, die als Non-Profit-Organisation  arbeiten, zur Industrie. Hier muss man mit größerem Zeitdruck umgehen können und andere Interessenslagen berücksichtigen. Man muss seine komplette Denkweise ändern, kommerzielles Denken ist hier gefordert. Da ich beim EBU Public Servicegroßgeworden bin, habe ich auch die  betriebswirtschaftliche Seite erst später kennengelernt, diese ist aber sehr hilfreich für meine jetzige Tätigkeit.

Für Berufsstarter ist es wichtig, auch  einen Sinn fürs Geschäftliche zu haben.Die Verbindung zwischen Technik und unternehmerischem Denken ist es, die den Erfolg mit sich bringt. Als Produktmanager habe ich heute sowohl mit Vertriebsmitarbeitern als auch mit Ingenieuren und  Technikern zu tun, hier muss man aufbeide Seiten eingehen, beide verstehen können. Das war für mich zunächst eine große Umstellung. Auch der zeitliche Fokus ist ein anderer. Bei der EBU war die Arbeit wesentlich strategischer, Planungen gingen 5–10 Jahre in die Zukunft. Jetzt dreht sich viel ums Tagesgeschäft, es muss schnell gehen, man muss fokussierter arbeiten.

Du bist auch in der FKTG und der SMPTE  aktiv. Wie wichtig ist dieser Netzwerkgedanke für Dich? Welche Erwartungen hast Du auf die Zukunft gesehen an diese Netzwerke? Was läuft gut, was muss sichggf. ändern?
Ich bin aktuell SMPTE Education Director und schon lange Teil der Community, die  aus der Industrie heraus betrieben ist. Gut inde ich, dass sich Wissenschaft und Praxis   ort vermischen und sich beide Seiten sehr 

stark annähern. Solche Branchennetzwerke  sind extrem wichtig. Durch meine Tätigkeit bei der EBU hatte ich hier einen leichten Start. Ist man einmal ein Teil des etzwerks muss man es natürlich auch  aufrechterhalten. Ohne die EBU hätte iches aber z. B. nicht geschafft, mir so schnell  ein so großes Netzwerk aufzubauen. Man kann über die Community viel bewegen, wenn man viele Leute kennt. Das hat für mich eine hohe Priorität, um zu wissen,  was los ist, was aktuell in der Branchepassiert. Ich kann nur jedem empfehlen  sich sein eigenes Netzwerk aufzubauen – national wie international. Das ist einer der wichtigsten Punkte schon während  des Studiums.

Ich persönlich finde es toll, in der SMPTE und der FKTG Zukunft mitgestalten  zu können. Doch wir müssen es schaffen, auch jüngere Leute anzusprechen,sie für den Netzwerkgedanken zu begeistern. Alle Organisationen müssen vertreten sein, der Generationsmix  macht den Unterschied. Jüngere haben eine ganz andere Herangehensweise,sie nutzen Technologien integriert in ihrem Alltag. Ältere haben im Gegensatz  dazu noch das Hintergrundwissen der analogen Technik, haben es von der Pike  auf gelernt. Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, Leute zusammenzubringen.  Dabei dürfen wir uns nicht nur auf Fernsehen und Radio beschränken, denn  die Plattformen ändern sich: Streamingdienste, Social Media, Telcos, all diese Player gehören zum Medienbereich dazu.

Du hast in Deinem Berufsleben schon viele Auszeichnungen erhalten, u. a. 2011 den ARD/ZDF Förderpreis Frauen und Medientechnologie 2011 und dann  2017 den Women to Watch Award von TVNewsCheck. Wie wichtig sind aus Deiner Sicht solche speziellen Auszeichnungen für Frauen? Brauchen Frauen noch spezielle Förderung oder sollten sie sich nicht besser mit den männlichen Kollegenim Wettbewerb messen?
Ich will definitiv hoffen, dass es kein Thema mehr ist. Aber wenn man sich in Frauennetzwerken umhört, gibt es sehr viele ähnliche Stimmen, die zeigen, dass wir  noch Arbeit vor uns haben. Bei Aufgabenauf Junior Level werden Frauen meist als  Teil des Teams akzeptiert. Aber wenn manberuflich weiterkommen will, in höhere  Ebenen, wird es schroffer. Ich persönlichwurde nie diskriminiert, arbeite auch gerne  mit Männern zusammen. Die Erwartungen an Männer sind aber grundlegend anders als die an Frauen.

Frauenförderpreise stärken das Bewusstsein für diese Unterschiede. Die Frauen, die sich dort bewerben, würden  sich nicht für einen anderen Preis bewerben,bei dem sie mit Männern konkurrieren.  Wir müssen dahin kommen, dass sich dieses Verhältnis normalisiert, es muss egal sein, ob Frau oder Mann, die Idee und der Mensch an sich sollten im Vordergrund stehen. Doch strategisch muss es eineFrauenquote geben, da es anders nicht möglich ist. Natürlich möchte keine am Ende für eine Position genommen werden,nur weil sie eine Frau ist. Die Quote sollte lediglich ein Instrument sein, die Gesellschaft  auf ihrem Weg zu unterstützen.

Was würdest Du Studenten/Absolventen der Medientechnik heute im Hinblick auf Deine eigene Karriere raten? Wohin sollen  sie sich orientieren, welche Schwerpunkte ggf. setzen?
Ich würde ihnen mit auf den Weg geben, etwas zu wählen, dass ihnen Spaß macht, wo sie sich wohlfühlen. Jeder hat seine Stärken, Talente und präferierten Fachgebiete. Auch  wenn das Gehalt für die meisten eine wichtige Rolle spiel, so ist der Spaß an der Arbeit eben essentiell um langfristig gute Arbeit zu leisten und sich im Beruf zu verwirklichen. Passion für die Branche ist wichtig, weil es eben bei aller Technik doch kreativ ist. Sein Netzwerk sollte man schon während der Studienzeit aufbauen, auf Veranstaltungen gehen, sich informieren, Leute aus Industrie und Forschung kontaktieren. Hier sollte man keine Scheu haben, die meisten Kollegen sind Studenten sehr offen gegenüber. Man sollte also die Chance nutzen um viele Fragen zu stellen, neugierig zu sein und sich auch mal Hilfe einzuholen, weil die Branche sich eben so rasant verändert.

Was steht für Dich als nächstes an, welche Ziele hast Du für 2019? 
Das steht noch nicht hundertprozentig fest. Bei meiner Tätigkeit für die SMPTE giltes für mich noch mal einen neuen Anstoß zu bekommen, Fokus setzen, Initiativen, starten.

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