Wenn über Technologien und Workflows in der Fernsehtechnik gesprochen wird, steht vor allem Bild-, Audio- oder Sendetechnik im Mittelpunkt. An Licht denkt dabei meist niemand. Wenn wir nun über Trends in der Fernsehtechnik diskutieren, können einige Punkte bereits etwas abgegriffen klingen, für die Beleuchtungstechnik beginnen sie teilweise erst an Bedeutung zu gewinnen.
New technologies and workflows in audio and video technologies take some time to be applied to lighting. Consequently, in a discussion relating to broadcast trends, broadcast lighting workflows, and technologies may appear somewhat old-fashioned when viewed from an audio and video broadcast prospective.
Im Weiteren sollen folgende Punkte näher auf die Relevanz für die Beleuchtungssysteme betrachtet werden:
- IP-basierter Workflow
- Höhere räumliche Auflösungen
- Ausfallsicherheit und Redundanzen
- Interdisziplinäre Bedienkonzepte
- Inter-Studio-Operation
- Virtualisierung
- Workflow-Automation
Einige der Punkte können losgelöst betrachtet werden, andere basieren aufeinander, für jeden birgt IP Vorteile oder ermöglicht ihn erst.
IP-basierter Workflow
Zugegeben, IP ist bereits lange ein Thema. Doch was ist mit Licht? Was ist mit IP bis zu den Leuchten? Wenn wir heute über IP-basierte Lichtnetzwerke sprechen, meinen wir eine Kombination von IP-basierten und DMX-basierten Netzen. Die Lichtstellpulte, das Backup-Pult, die Vernetzung zwischen den Studios ist via IP-Infrastruktur vernetzt. Für die letzten Meter bis zu den Scheinwerfern wird DMX als Netzwerkprotokoll eingesetzt. Der Grund ist die geringe Verfügbarkeit von Leuchten mit Netzwerkanschluss.
Das DMX-Protokoll ist ein Lichttechnik-spezifisches, digitales Protokoll, entwickelt Ende der 1980er Jahre, das auf dem symmetrischen RS485-Protokoll basiert. Entwickelt wurde DMX, um Dimmer über ein Kabel mit dem Lichtstellpult zu verkabeln. Zuvor wurde je Dimmer-Kanal ein analoges 0-bis-10-V-Signal verwendet und entsprechend je Kanal ein Adern-Paar benötigt. DMX ist auf 512 Kanäle beschränkt. Werden mehr Parameter benötigt, muss ein weiteres Kabel gezogen werden. Der Vorteil des robusten Protokolls wird zunehmend durch diese Limitierung aufgezehrt.
Wo liegen die Vorteile des Einsatzes von IP-basierten Protokollen gegenüber dem Einsatz von DMX? DMX ist robust gegenüber elektrischen Störungen, kann über 1000 Meter übertragen werden und bietet die Möglichkeit, Leuchten in Reihe zu verkabeln, was den Verkabelungsaufwand vereinfacht. IP-basierte Netzwerke bieten eine höhere Flexibilität. An allen Netzwerkpunkten stehen alle Parameter zur Verfügung. Durch Integration von IP-Netzen bis in die Leuchten, können alle Tools, die die Ingenieure zum Testen, Überwachen und Administrieren von Audio- und Videosystemen nutzen, auch auf das Lichtsystem angewendet werden. Es wird somit nicht mehr beleuchtungsspezifisches Wissen benötigt, um Beleuchtungssysteme zu betreuen. Die Vorteile, die ein IP-basierte Workflow für die Fernsehtechnik bietet, werden erst voll umfänglich ausgeschöpft, wenn alle Systeme auf IP basieren, dazu gehört eben auch die Beleuchtungstechnik:
- IP-basierte Beleuchtungsnetzwerke
- Durchgängiger IP-Workflow und dessen Bedeutung für die Arbeitsabläufe
- Möglichkeiten der Erhöhung der Flexibilität durch IP
Höhere räumliche Auflösungen
Zugegeben, über HD ist für die meisten alles gesagt – und wenn – macht man sich Gedanken über UHD. Doch höhere Auflösungen sind mehr als mehr Pixel und höhere Datenraten. Höhere Bildauflösungen bedeuten auch eine höhere Sichtbarkeit von unterschiedlichen Farben in der Dekoration, mehr Details in der Dekoration und in der Maske und eben auch in der Abweichung einzelner Leuchten zueinander.
Wenn unter SD eine Halogenleuchte bis 70 Prozent gedimmt werden konnte, ohne dass die Rotverschiebung negativ im Sendebild aufgefallen wäre, sind mit HD-Abweichungen von 100 Kelvin sichtbar. Und wenn wir über HDR sprechen, heißt dies auch, dass Teile des Sets, die ohne HDR „abgesoffen“ oder überstrahlt sind, jetzt noch Zeichnung haben. Es kann und muss also auch anders geleuchtet werden, und dies hat Auswirkungen auf die Anforderungen an die Leuchten. Es gibt sichtbare Differenzen, wenn Beleuchtungkonzepte aus den 1980er und 1990er Jahren auf aktuelle Kameratechnik stoßen:
- Höhere Farbwiedergabe
- Farbtemperatur auf Kamerasysteme optimiert
- Geringere Toleranzen in ΔE
Den Zusammenhang zu IP zu ziehen, mag auf den ersten Blick weit hergeholt wirken. Leuchten, die eine Anpassungen der Farbtemperatur erlauben, benötigen mehrere Parameter und damit Steuerkanäle. Natürlich ist es möglich, in einem Studio mit mehreren DMX-Universen, also Vielfachen von 512 Kanälen, zu arbeiten. In jedem DMX-Universum werden alle Kanäle 1 bis 512 übertragen, wird in einer bestimmten Leuchte die Farbtemperatur mit dem Kanal 12 gesteuert, wird der Kanal 12 in jedem DMX-Universum übertragen, eventuell mit anderen Funktionen. Nur wenn die Leuchte an dem richtigen DMX-Strang angeschlossen ist, funktioniert sie wunschgemäß. Darüber hinaus müssen DMX-Universen in separaten Leitungen geführt werden. IP-basierte Protokolle bieten mehr als 16 Millionen Parameter. Die Neupositionierung von Multichanel-Leuchten im Studio wird mittels IP-basierter Protokolle vereinfacht bzw. gegenüber anderen IP-basierten Komponenten vereinheitlicht.
Ausfallsicherheit und Redundanzen
Ausfallsicherheit ist ein zentraler Punkt, wenn es um das Design von Fernsehtechnik geht. Aber es gab und gibt noch immer deutliche Unterschiede in der Bewertung von Audio-Video-Systemen und Licht-Systemen. Über Jahrzehnte bestand Fernsehlicht aus Halogen-Dimmer-Systemen. Ein Lichtstellpult war über ein Kabel mit einem Dimmerkabinett verbunden, das wiederum über einzelne Kabel mit den Leuchten verbunden war.
Die einzigen Möglichkeiten, die Ausfallsicherheit zu erhöhen, waren ein Backup-Lichtstellpult und eine abgesicherte Stromversorgung für den Dimmer. Für die Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeit sind Systeme mit einer Mensch-Maschine-Schnittstelle ganz oben auf der Liste. Allerdings sind diese Geräte meist im PCR installiert, wo Platz beschränkt ist. Daher ist ein Backup-Lichtstellpult nicht allzu weit verbreitet. Als ein Ergebnis sind die meisten Lichtsysteme ohne Redundanzen konzipiert – bis heute. Das bedeutet nicht, dass die Komponenten nicht auf Stabilität und Ausfallsicherheit hin entwickelt werden. Es gibt aber keine Redundanzen wie wir sie aus der Audio- und Videotechnik kennen. Mit der Entwicklung hin zu intelligenten Leuchten, sprich Leuchten, die an Strom und Daten angeschlossen sind, wurde diese „Tradition“ nicht geändert. Mit dem Bedarf von immer mehr Steuerkanälen im Lichtnetzwerk – und damit der Integration von IP basierten Systemen – hat sich einerseits der Aufwand für Lichtnetzwerke vergrößert. Es sind aber auch die Möglichkeiten von Redundanzen gestiegen:
- Möglichkeiten der Backup-Konzepte durch Integration von IP
Interdisziplinäre Bedienkonzepte
Personalkosten nehmen einen großen Teil des Budgets eines Studiobetriebes ein, und Spezialisten sind ein rares Gut. Vergleichbar mit der Tendenz, Workflow-Automationen zu implementieren, gehören auch Rationalisierungen im Personal zu den Möglichkeiten, auf die reduzierten Budgets zu reagieren. Operatoren bedienen heute schon RCPs, Camera Robotic, Telepromter und Lichtsteuerungen gleichzeitig. Daraus ergeben sich neue Anforderungen an die Automation der Lichtsteuerung, der Mensch-Maschine-Schnittstellen, nicht nur der Beleuchtungssteuerung sowie Anforderungen an die Toleranz der Systeme gegenüber Bedienfehler. Aber nicht nur die Bediener werden breiter aufgestellt, auch die Broadcastingenieure müssen nach Möglichkeit die gesamte Breite der Systeme administrieren können. In diesem Zusammenhang ist auch der Einsatz von reinen IP-basierten Systemen in der Beleuchtung zu sehen.
Wenn alle Systeme auf den gleichen Protokollen und Netzwerkprinzipien basieren, ist ein Verständnis für das Gesamtsystem als auch für spezielle Anforderungen für Teilsysteme einfacher von dem einzelnen Ingenieur zu leisten. Spezialisierte Fachabteilungen für Bild oder Licht sind rückläufig, und dies ist mit einem durchgängigen Funktionsprinzip aller Systeme einfacher zu gewährleisten. Doch dies führt nicht nur zu reduzierten Personalkosten, sondern auch zu stabileren Systemen durch schnellere Fehlersuche und -behebung und durch schnellere Administration:
- Moderne Bedienkonzepte
- Optimierte Raumausnutzung im PCR
- Reduzierung von Trainingskosten
Inter-Studio-Vernetzung
Redundanzen können über die Regien verteilt werden und so die Gesamtkosten reduziert werden. Doch dies ist nur möglich, wenn alle Teilsysteme gleichermaßen flexibel geroutet werden können, und da ist IP-basierter Workflow in allen Systemen der Schlüssel. Defizite bestehen hier vor allem im Bereich Beleuchtung. Durch die Verwendung von DMX auf den letzten Metern ist eine flexible Zuordnung nur bis zu den DMX-Nodes möglich. Entsprechend ist ein großer Teil der Netzwerkgeräte physisch an ein Studio gebunden, so dass dessen Ressourcen nicht unkompliziert auf andere Studios verteilt werden können. Durch den Einsatz von IP bis zu den Scheinwerfern wäre eine flexiblere Zuordnung der Netzwerk-Ressourcen möglich. Eine Standardisierung auf Basis des IP-Protokolls ist hier notwendig.
- Höhere Auslastung der Ressourcen
- Erweiterte Flexibilität
- Backup-Konzepte
Virtualisierung
Virtualisierung der Hardware ist eine Möglichkeit, die Ressourcen effizient zu nutzen und gleichzeitig die Ausfallsicherheit zu steigern. Es wird nicht für jede Komponente eigenständige Hardware installiert, sondern die Software-Komponenten werden auf virtualisierten Betriebssystemen betrieben. Hardwareseitig werden mehrere Server zusammengeschaltet. Der Vorteil liegt in der besseren Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Rechenleistung verbunden mit der Möglichkeit einer zentralen Administration und Steigerung der Ausfallsicherheit. Voraussetzung ist der Einsatz von softwarebasierten Lösungen, die ohne spezialisierte Hardware auskommt. Eine IP-basierte Vernetzung ist hierbei eine notwendige Voraussetzung. Derzeit können nur Lichtstellpulte oder Controller für zum Beispiel LED-Wände virtualisiert werden.
- Keine spezialisierte Hardware
- Load Balancing
- Einfachere Erweiterung der Ressourcen
Workflow-Automation
Automationen von Abläufen ist einerseits als Rationalisierungsmaßnahme zu sehen, aber auch als Optimierung der Abläufe mit dem Ziel der Wiederholbarkeit und des präzisen Zusammenspiels zwischen einzelnen oder allen Teilsystemen. Aktuelle Workflow-Automationen präferieren IP-basierte Protokolle, um Komponenten und Teilsysteme zu steuern. Die Integration von Geräten, die nur externe Trigger ermöglichen, indem keine IP-basierten Protokolle verwendet werden, führt zu einem höheren Arbeitsaufwand, wenn Anpassungen des Programmablaufs erforderlich sind. Darüber hinaus beschränken diese Geräte die Parameter, die über die Broadcast-Automatisierung gesteuert werden können. Das volle Ausschöpfen der Möglichkeiten einer Sendeautomation ist nur möglich, wenn alle Teilsysteme eingebunden sind und IP-basierte Protokollstandards verwendet werden.
- Integrierung der Beleuchtungstechnik in die Studioautomation
- Ansteuerung über IP-Schnittstellen
Die Verwendung von IP-basierten Protokollen bietet somit auch in der Automatisierung der Sendeabläufe Vorteile, womit wir wieder zum Anfang unserer Betrachtung zurückkommen: Das Gesamtsystem ist so flexibel, stabil und effizient wie jedes einzelne Teilsysteme und damit ist End-to-End IP in allen Bereichen einer Broadcast-Umgebung der Schlüssel zu einem modernen und leistungsfähigen Gesamtsystem.