"Hast Du das gesehen?" rief meine Frau, als der Nachspann der Satiresendung „Alfons und Gäste“ lief. „Warte, ich spul‘ nochmal zurück!“ Tatsächlich – da stand es: Was ist denn ein „Grand-Ma-Operator“, wollte meine Frau wissen.
Ups, was war denn da passiert? Habe ich etwas verschlafen und es gibt neue Berufsbezeichnungen in der Branche oder gar ein Gerät, mit dem ich meine Frau (fünffache Großmutter) besser handhaben kann? Gibt es etwa auch einen Grand-PA-Operator? Ein Anstoß, mich einmal mit dem Thema der Berufsbezeichnungen neu auseinanderzusetzen.
Berufe wie etwa Gärtner, Metzger, Schneider, Tischler und Maurer sind uns allen bekannt. Niemand muss sich fragen, was sich wohl dahinter verbirgt. Was ist aber ein Grand-Ma- oder ein Live2Edit-Operator, wie ich sie im Abspann lesen konnte? Die Medienbranche verändert sich und ich stelle mir die Frage, was sich hinter den neuen Berufsbezeichnungen verbirgt.
In meiner Funktion als technischer Leiter eines mittelständischen Videoproduktionsbetriebs war ich auch IHK-zertifizierter Ausbilder im Bereich des damals neuen Berufsbilds der Mediengestalter Digital und Print. Alle wollten etwas mit Medien machen und meinten damit irgendetwas im Bereich der Gestaltung von Bild, Ton, Licht und Grafik/Design. Das schloss Berufe wie die Kameraleute, Tontechniker, Lichtgestalter, Bildtechniker und Grafiker ein, deren Ausbildungen an Hochschulen, Medienakademien und berufsbildenden Schulen mit einem qualifizierten Abschluss endete.
Mannigfaltig produzieren diese Berufsgruppen unter anderem für das Fernsehen, das Radio, das Internet sowie für die Druckmedien. Im Bereich der Kamera, des Tons, der Bildgestaltung/Schnitt, der Grafik, des Lichts und des Studiodesigns sind Personen tätig, die als Kameraleute, Tontechniker/-meister, Bildtechniker und Bildmeister, Grafiker/Designer, Lichttechniker, Beleuchter, Licht-Designer und Studiomeister bezeichnet werden.
Ich habe aber noch nie etwas von zum Beispiel Sony-/Arri-/Panasonic-/GoPro- oder Red-Kameraleuten gehört. Wer spricht von Sennheiser-/Albrecht-/Shure-/ Dynacord-/Riedel- oder Lawo-Bedienern? Gibt es die Berufsbezeichnung des Adobe-Photoshop-Künstlers oder des DaVinci-Resolve-Operators? Das sind mir in diesem Zusammenhang zu viele Hersteller und Produktbezeichnungen, die für Allrounder nicht passend sind.
Was also bedeutet die „Berufsbezeichnung“ des Grand-MA- und Live2Edit-Operators? Was will man mir, dem Zuschauer damit sagen? Dass diese Menschen besondere Fähigkeiten durch eine Schulung auf einem speziellen Gerät erhalten haben? Oder nutzt man heutzutage den Abspann als Vermittlungsplattform, um Dienstleistungen der besonderen Art anzubieten? In den heutigen schweren Zeiten der Branche nutzt man diesen sicherlich, um Folgeaufträge von Freien Mitarbeitern zu vermitteln. Offensichtlich gibt es keine Produktionshandbücher mehr, über die eine solche Vermittlung stattfinden sollte.
Nach meinen Recherchen handelt es sich bei einem GrandMA-Operator um eine Person, die eine Detailschulung auf einem Gerät eines Lichtsteuersystem-Herstellers erhalten hat. Es ist also keine Berufsbezeichnung, sondern eine Zusatzqualifikation, um ein bestimmtes Gerät bedienen zu können. Nach meinem Empfinden gehört so etwas nicht in den Abspann und wenn, dann sollten auch alle Redaktionsassistentinnen erwähnt werden, denn die tragen nicht unerheblich zu einer Sendung bei. Wobei die Bezeichnung Word-, Excel-, Archimedes-, Coghos- oder SAP-Assistentin auch nicht adäquat wäre.
Was aber ist ein „Live2Edit-Operator“? Diese Frage recherchierte ich im Internet und lese, dass „das revolutionäre Liveschnitt-Modul aus Mehrkameraaufnahmen (Multicam-Clips) eine Sequenz mit voller Gruppenfunktionalität für ein Postproduction- System erstellt“. Also auch „nur“ ein Produkt, dass von einer Person mit besonderer Schulung bedient wird. Sollte dann nicht auch der Hinweis auf einen „Lawo mc²“-Bediener eingeblendet werden, damit jeder weiß, dass dieser Tonmeister/-ingenieur ein Lawo- Mischpult bedienen kann?
Auf Nachfrage bei der zuständigen Rundfunkanstalt erhielt ich folgende Antwort auf die erste Fragestellung. „Leider ist uns an dieser Stelle eine interne Bezeichnung in die Titelliste gerutscht. Dazu muss man wissen, dass wir in unserem Studio Eins zwei Lichtpulte benötigen, die auch räumlich voneinander getrennt sind und die jeweils von einem Lichttechniker bedient werden. Zur besseren internen Unterscheidung nennen wir einen der Kollegen „Grand MA Operator“. Diese interne Bezeichnung hat es in den Abspann geschafft, wo sie (...) nichts zu suchen hat. Das diente zu keiner Zeit der Werbung und uns entstanden auch keine Vorteile daraus. Wir werden diesen Fehler natürlich sofort beheben, sodass in den neuen Sendungen die richtige Bezeichnung genannt wird (Quelle: zuständige Redakteurin beim SR).“ Na, dann kann ich mich ja wieder entspannen und beruhigt sein.