Grundlagen Media Intelligence: Wie künstliche Intelligenz im Medienbereich eingesetzt werden kann

FKT Magazin 7/2018

"Media Intelligence“ bedeutet die Anwendung moderner Big Data und Artificial Intelligence auf Medieninhalte für Klassifizierung, Clustering, Informationsgewinnung und Analytik. Es ist das menschenähnliche Verständnis von Medieninhalten durch Maschinen. Die von Qvest Media unter dem Begriff zusammengestellten Lösungen sollen eine Kombination aus Standardprodukten (AI-Engine) und einem Paket von Beratungs- und Entwicklungsdienstleistungen darstellen, die individuell zugeschnitten sind. Die Technologie wird vom Unternehmen entweder verkauft oder als Managed Technology mit einem OPEX-Modellangeboten.

Lösungsansatz

Die Media-Intelligence-Lösungen des Anbieters basieren auf einem Kern der Künstlichen Intelligenz. Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine zu lernen, ohne den zugrundeliegen den Software-Algorithmus zu verändern. Daher muss die KI-Maschine nicht programmiert werden. Dabei soll KI als Assistent betrachtet werden, der als Helfer für das Personal im Umgang mit anderen Systemen „angestellt“ und „ausgebildet“ werden kann. Intelligente Dienste, die die Interaktion mit komplexen Maschinen und Geschäftssystemen für den Anwender erleichtern.

Micro Focus Idol

Im Rahmen des Media-Intelligence-Einsatzes arbeitet Qvest Media nach eigenen Angaben bevorzugt mit der Software Micro Focus Idol. Idol ist ein „Betriebssystem für menschliche Information», ähnlich einem „Gehirn“: eine Maschine, die lernt und wiederholt, ein Speicher,aus dem Funktionen abgeleitet werden können. Die standardisierte, produktionsreife Unternehmenssoftware ermöglicht unter anderem eine menschenähnliche Analyse und eine kontext basierte Gruppierung von Medieninhalten. Mit der Suchfunktion können Daten nach Kontext und Ähnlichkeit ermittelt werden. So lassen sich zum Beispiel Sprecher in einem Video identifizieren und ihre Namen ermitteln; ferner werden Logos erkannt und ein Bericht erstellt, oder Keywords in einer Tonaufnahme ermittelt und geloggt.

Wie funktioniert das? Idol spricht über eine Standard-API zu den in der Medienorganisation genutzten Systemen und Drittsystemen und integriert einen Medienanalyse server. Um die Software zu trainieren, werden ihr Beispiele für Eingaben und erwartete Ergebnisse aus Interaktionen mit dem System gegeben. In der Anwendung der Software wird z. B. die Anfrage gestellt: „Finde alle Bilder des Präsidenten in unserem Archiv“, die das System dann ausführt.

Idol ist eine durchgängige, modulare Lösung, die einen Medienanalyseserver, eine leistungsfähige Suchfunktion und Konnektoren zum Durchsuchen von Datenbanken und externen Quellen wie Internet und Social Media umfasst. Ferner unterstützt sie sendefähige Medienformate, die auf die Anforderungen der Medienbranche zugeschnitten sind. Die Lösung bietet darüberhinaus die Möglichkeit, unternehmensspezifische Daten zu nutzen, um das System zu trainieren und mehr Wissen zu schaffen, ohne auf den Release zyklus des Anbieters warten zu müssen.

Das System kann entweder vor Ort, in einem Rechenzentrum oder der Cloud bereitgestellt werden. Es stammt ursprünglich von Nachrichtendiensten und Strafverfolgungsbehörden und ist daher besonders widerstandsfähig gegen hohe Rauschpegel in Audio- und Videosignalen, so dass es sich für Inhalte von Rundfunkanstalten, einschließlich User Generated Content (UGC), eignet.

Anwendungsfälle

Mögliche Einsatzbereiche der Software in Rundfunkanstalten oder Medienunternehmen sind zum Beispiel die Nachrichtenproduktion, um Medienorganisationen mit großen Mengen an zu verarbeitenden Inhalten z. B. durch Broadcast-Monitoring, Kabelanalyse und Web-Crawling zu unterstützen. Auch Content-Eigentümer, die eigene Inhalte besser organisieren und nutzen,die Qualität der Programme verbessern oder den Output steigern möchten, können vom Einsatz der Idol-Lösung profitieren. Die Software kann aber auch mit großen Gesundheitsdatenbanken oder sogar Speech-To-Text oder Text-To-Speech-Engines, die hinter Call-Center-Bots stehen, umgehen.

Bei den Anwendungsfällen ist zwischen zwei verschiedenen Ansätzen zu unterscheiden: Wenn die Organisation etwa bereits über Daten in Systemen wie Asset Management oder Business Reporting verfügt („strukturierte Daten“), kann Media Intelligence die vorhandenen Daten analysieren und klassifizieren. Wenn die Organisation nicht über eine Fülle von Daten verfügt, z. B. weil sie nicht genügend Mitarbeiter hierfür hat oder ihre Daten schlecht organisiert sind („unstrukturierte Daten“), kann Media Intelligence nützliche Informationen und Metadaten erstellen und sich dabei auch auf den Medienanalyseserver verlassen. Die verschiedenen Anwendungsfälle von Media Intelligence werden in Tabelle 1 und 2 dargestellt.

2.1 „Fitness-Check“

Damit der Einsatz der Idol-Software oder einer anderen,„intelligenten“ Lösung den gewünschten Erfolg bringt,hat Qvest Media einen sogenannten „Fitness Check“entwickelt. Im Rahmen einer Beratungsphase von 3-6 Wochen kann ein Medienunternehmen damit bestimmen, wie ein KI-Projekt aufgesetzt und welche Ziele damit erreicht werden sollen. Im Programm enthalten sind Einführungs-Workshops, Praxistraining und ein Abschlussbericht mit Präsentation. Im Laufe der 3 bis 6 Wochen und je nachdem, wie tief der Kunde in das Thema KI einsteigen möchte, sind die Berater etwa 15 bis 40 Tage im Einsatz, etwa die Hälfte davon vor Ort. Die Einbindung des Kunden kann sich auf die Workshops und Präsentationen beschränken oder die technischen Teams können teilweise in die Praxisphase eingebunden werden. Die Mindestvoraussetzung für die technische Arbeit ist, dass der Kunde genügend Daten (Dateien) zur Verfügung stellt, damit die Berater die KI trainieren können. Während der praktischen Phase können die Berater Prototypen-Integrationen mit vor Ort installierten Produktions- oder Testsystemen durchführen (hierfür wird in der Regel eine längere Beratungszeit benötigt). Dies geschieht über eine einfache Flow-basierte grafische Programmier-Middleware, die Unternehmens-APIs verbindet.

Die Beratungsphase wird mit einer Checkliste aus der Erfahrung der Berater gesteuert. Ausgangspunkt ist die Frage: „Wenn ich 1000 Assistenten über Nacht einstellen könnte, was würde ich sie bitten, zu tun?“ Dabei sollen folgende Grundlagen geschaffen werden:

  • Ineffiziente oder zeitraubende Workflow-Schritte identifizieren
  • KI-Roboter als Helfer, nicht als zusätzliche Systeme betrachten
  • KI-Training zur Durchführung der Aufgabe definieren

Abhängig von der Kundenstruktur und den Anforderungen werden operative Effizienz, technische Engpässe und Reporting-Fähigkeiten bewertet. Praktische Ziele können gesetzt und gemessen werden, z. B. durch Messung der Leistung „Mensch vs. Maschine“ hinsichtlich der Aufgaben, die die Teams an die KI abgeben möchten, und die Möglichkeiten, die sich durch die frei werdende Zeit für die Anwender ergeben.

Das Ergebnis ist ein vollständiger Bericht mit Daten,Empfehlungen und einer Roadmap für die Umsetzung.

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