Die IFA 2017 zog Anfang September wieder Technikbegeisterte in ihren Bann. Die Bandbreite der auf der Leitmesse für Consumer Electronics und Home Appliances gezeigten Trends zeigte sich gewohnt vielfältig. Neben dem Einsatz virtueller Realität und 360-Grad-Videos in der Medienproduktion, künstlicher Intelligenz im Haushalt und den aktuellsten Produktpräsentationen kamen auch Themen wie das Autonome Fahren zur Sprache.
Die Medienbranche traf sich traditionell am Eröffnungstag, dem 1. September in Halle 6.3 im Pressezentrum. Zunächst stand hier die Preisverleihung des ARD/ZDF Förderpreises »Frauen + Medientechnologie« 2017 auf dem Programm. Vor rund 150 Gästen konnten sich die drei Gewinnerinnen ihre Preise abholen. Ein Novum war, dass alle drei Preisträgerinnen aus Mitteldeutschland stammen. Durch das Programm führte Anja Koebel (MDR).
Den ersten Preis sicherte sich Carolin Schramm für ihre Bachelorarbeit „Untersuchung von 360°-Multikamerasystemen hinsichtlich ihrer Live-Streamingfähigkeit mit unterschiedlicher Kameraanzahl“ im Studienfach Medientechnik an der HTWK Leipzig. Die Arbeit beschäftigt sich mit den technischen Aspekten, die auf VR- (Virtual Reality) Produktionen entscheidenden Einfluss haben. Dr. Andreas Bereczky, Produktionsdirektor des ZDF, überreichte den mit 5.000 Euro dotierten ersten Preis an die Gewinnerin. Kristina Mohr konnte sich mit ihrer Masterarbeit „Mediatheken als App: Usability der Smartphone-Mediatheken von Fernsehsendern“ im Studienfach Medienmanagement an der HTWK Leipzig auf dem zweiten Platz durchsetzen. Sie analysierte die Benutzerfreundlichkeit verschiedener Apps von Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Mohr nahm den mit 3.000 Euro dotierten Preis von Dr. Ulrich Liebenow, dem Betriebsdirektor des MDR, entgegen.
Den dritte Preis holte sich Anna-Maria Daschner für ihre Masterarbeit „Hochbandbreitige IP-Signale in virtualisierten Umgebungen“ im Studienfach Medientechnologie an der TU Ilmenau ab. Sie untersuchte, wie die Umstellung auf IT-Technik in Fernsehstudios mit speziellen Standards einhergehen muss. Ulrike Klee, Leiterin der Personalentwicklung des SWR, überreichte den mit 2.000 Euro Preis dotierten Preis.
Im Anschluss hatte das Presseforum der Produktions- und Technik-Kommission von ARD und ZDF (PTKO) seinen traditionellen Platz im Programm. Nach einleitenden Worten von Moderatorin Sabine Dahl (rbb Inforadio) begrüßte der Vorsitzende der PTKO, Dr. Ulrich Liebenow (MDR), die Teilnehmer und führte in das diesjährige Schwerpunktthema ein, die „Produktion 4.0“ und was darunter zu verstehen ist. Hierbei sei bewusst eine Parallele zur „Industrie 4.0“ hergestellt worden, da es in beiden Fällen um eine Verschmelzung von IT- und Kommunikationstechnik mit Produktionstechnologien gehe. Als Stichworte wurden unter anderem der Einsatz „smarter“ Produktionstechnik und Automatisierung genannt, um Inhalte wirtschaftlich und schnell produzieren und das Programm multimedial gestalten zu können.
Eröffnet wurde der erste Teil des Programms von Patricia Schlesinger (rbb). Ihre Keynote eröffnete Schlesinger mit den Worten „die Zeit des Gigantismus ist vorbei“. Veränderungsprozesse seien für die Rundfunkanstalten von essentieller Bedeutung. Hierzu sei ein Maßnahmenkatalog gefordert, der alle Bereiche von Verwaltung, über Technik und Produktion bis zur Programmerstellung umfasse und die Prozesse insgesamt und übergreifend optimiere. Doch nicht nur die Technik, auch die Arbeitsprozesse insgesamt müssten sich verändern, denn, so Schlesinger „Fernsehen funktioniert beweglich“.
Wie Produktion in Zukunft aussehen kann, zeigten im Anschluss drei Beispiele aus der aktuellen Praxis. Den Anfang machte Martin Decker (SWR), der den Einsatz von Apps als Produktionsmittel für das Mobile Reporting aufzeigte. Danach erörterte Johannes Claes (ZDF) die Remote Centralized Production, wie sie unter anderem für den Confed Cup und die U21 EM eingesetzt wurde. Das erfolgreiche Pilotprojekt mit einem gemeinsamen Studio in Baden-Baden soll im ähnlichen Konzept nun auch für die Fußball-WM 2018 in Russland umgesetzt werden.
Guido Baumhauer (Deutsche Welle) stellte dann Möglichkeiten vor, wie „Social-Media-Schalten in Nachrichtensendungen“ integriert werden können. Bei der eingesetzten Lösung kommt auch semiprofessionelle Technik zum Einsatz, die im Selbstfahrerbetrieb vom Nutzer bedient werden kann. Auf Rückfrage, wie denn die neuen Lösungen im Redaktionsalltag angenommen werden, antwortete Baumhauer, dass es beim Einsatz neuer Technologien vor allem darauf ankäme, den Redakteuren die Technik nicht „überzustülpen“, sondern gemeinsam eventuelle Vorbehalte zu klären und Dinge auszuprobieren. Es werde aber niemandem etwas aufgezwungen.
Der zweite Veranstaltungsteil wurde eröffnet von Prof. Dr. Key Pousttchi, Lehrstuhl Wirtschaftsinformatik und Digitalisierung an der Universität Potsdam. In seinem Impulsreferat ging er darauf ein, welche Veränderungsprozesse und Trends industrieller Organisationsgestaltung im Rahmen der digitalen Transformation derzeit allgemein bestehen und inwiefern sie sich mit den Veränderungsprozessen in der Medienbranche überschneiden.
Damit lieferte er auch das Stichwort für die anschließende, von Gerald Meyer moderierte Podiumsdiskussion, an der neben Prof. Dr. Key Pousttchi auch Tim Renner, Musikmanager, Produzent, Kulturstaatssekretär a. D., Ernst Feiler (UFA Serial Drama), Patricia Schlesinger und Prof. Birgit Spanner-Ulmer (BR) teilnahmen.
Die Branchenveranstaltungen am Eröffnungstag der IFA brachten mit ihrer Themenauswahl einen Querschnitt der aktuellen Diskussionen rund um Kreation, Produktion und Distribution aktueller Medieninhalte an die Konsumenten vor den Endgeräten hervor. Der Termin für die IFA 2018 steht ebenfalls schon fest: 31. August bis 5. September 2018.