Seit der neuen Spielzeit 2018/19 nutzt die Deutsche Fußball Liga (DFL) für den Schiedsrichterfunk ein von Riedel Communications speziell entwickeltes, mobiles Kommunikationssystem (FKT erichtete). Im Gespräch erläutert Entwicklerin Jacqueline Voß die Hintergründe der Zusammenarbeit und weitere Pläne im Sportbereich.
FKT: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der DFL?
Jacqueline Voß: Die DFL ist auf uns zugekommen, da man über SPORTCAST (TV-Produktion und Tochterfirma der DFL, AdR) von unserer Bolero-Lösung erfahren hatte. Die DFL hat dann die Bitte geäußert, das Gerät für deren Einsatzzwecke kleiner zu gestalten. So ist dann Bolero S entstanden.
Warum die Suche nach einer neuen Kommunikationslösung?
Der Fokus liegt bei der DFL klar auf dem Video-Replay, aber die Kommunikation ist ebenso wichtig, auch wenn sie insgesamt einen deutlich kleineren Anteil am Gesamtsystem hat. Vorher hatte man ein Prosumer-Gerät im Einsatz, wünschte sich aber Seitens der DFL eine bessere Sprachqualität und Übertragungsstabilität nach Köln in den zentralen Schiedsrichterraum (VAC).
Wie lange dauerte die Entwicklung von Bolero S?
Im November 2017 haben wir mit der Entwicklung begonnen, den ersten Prototyp bereits im Mai 2018 vorgestellt. Dann haben wir das Gerät umfangreichen Tests unterzogen, so ist das Headset zum Beispiel abgestimmt auf die Umgebungsgeräusche in vollbesetzten Stadien. ZurFeinabstimmung haben wir dann weiter im Soundlab getestet und uns zum Beispiel auch Hilfe von einem Otoplastik- Hersteller geholt, um das Gehör der Schiedsrichter auch in sehr lauten Umgebungen zu schützen und ein optimales Sprachverständnis zu gewährleisten. Seit der Generalprobe beim Supercup im Sommer war dann klar, dass Bolero S einsatzbereit ist.
Das klingt nach sehr viel Detailarbeit. Dennoch ist Bolero S nicht als eigenständiges Produkt verfügbar, warum?
Bolero S wird von uns ausschließlich für den Sportbereich angeboten. Hier haben wir keine Technikanbieter als Kunden, nicht alle sind technisch gleich versiert und auf dem gleichen Stand. Daher haben wir beschlossen, die Lösung nicht über den Vermietpark zur Verfügung zu stellen, sondern im Rahmen eines Managed Service, der über unser ROC (Remote Operation Center) in Wuppertal technisch betreut wird. Bolero S sozusagen lediglich ein Teil eines Gesamtpakets.
Wie sieht die Installation im Stadion aus?
Das Intercom-System im Stadion besteht aus drei Antennen, zwei im Stadioninnenraum, eine in der Flash Zone.
Eine Remoteleitung führt nach Wuppertal zu unserem ROC. Zwei erfahrene Techniker sichern dort während des gesamten Spiels, dass alles reibungslos funktioniert. Derzeit ist auch noch ein weiterer Techniker mit im ROC, der für den künftigen Einsatz geschult wird. Vor dem Spieltag wird die Installation einmal komplett getestet. Bisher hatten wir hier keinerlei Ausfälle. Pro Stadion hat die Installation und zwei Tage gedauert inkl. Vorbesichtigung, Aufbau und Nachbereitung.
Und die Schiedsrichter?
Schiedsrichter, Linienrichter und 4. Offizieller sind mit einem Funkgerät ausgestattet. Die Schiedsrichter tragen das Bolero S Beltpack entweder am Arm, an der Brust oder im Rücken. Wenn ein Tor fällt, hört der Schiedsrichter ein akustisches Signal über sein Headset, und zusätzlich geht auch ein Vibrationsalarm am Handgelenk los. Die Steuerung des Beltpacks erfolgt über Voice Control, d. h. wenn die Stimme ein bestimmtes Level erreicht. Hier sind auch feine Anpassungen möglich. Beim System haben wir auch darauf geachtet, dass möglichst wenig Atem-/Windgeräusche zu hören sind.
Insgesamt sieht die DFL ein Recording vor. Der zentrale Videoraum für die Videoassistenten ist bei CBC in Köln.
Wie ist das bisherige Feedback der Nutzer?
Bisher haben wir sehr positive Rückmeldungen aller Beteiligten erhalten. Gerade die Sprachqualität und Verlässlichkeit haben hier überzeugt.
Wir passen das System aber auch weiterhin an und lernen dazu, bleiben also immer am Ball. So gab es zum Beispiel den Fall eines Schiedsrichters, der das Beltpack am Rücken getragen und gemeldet hat, dass sein Gerät sich von alleine abschaltete. Bolero ist so konzipiert, dass die Beltpacks sich in der Ladestation automatisch abschalten und der Ladeprozess beginnt.
Hier aber hatte der Schweiß die Ladekontakte auf der Geräterückseite verbunden und so das Gerät ungewollt runtergefahren. So wurde aus einem intelligenten Feature wider Erwarten ein Bug, der mit leichter Anpassung der Firmware ausgeräumt werden konnte.
Und für die Zukunft? Gibt es weitere Pläne mit dem System?
Wir haben vor, das Konzept auch für weitere Sportarten zu öffnen, sprechen hier auch mit großen nordamerikanischen Ligen. Zudem ist unsere Lösung nicht nur ausschließlich fürdie Schiedsrichterkommunikation geeignet, sondern kann auch in der Trainerkommunikation zum Einsatz kommen; diese wurde jetzt von der FIFA erlaubt (Nationalmannschaftstrainer dürfen untereinander mit elektronischen Hilfsmitteln kommunizieren, AdR).