Wenn jede Millisekunde zählt: Live Production im Sport

FKT Magazin 11/2017

Live Production ist einer der Bereiche im Broadcasting, der am meisten von den neuesten Fortschritten bei Cloud Computing und immer schnelleren IP-Netzwerken profitiert. Für die Zuschauer ist das Streamen von OTT-Inhalten Normalität geworden – was dazu geführt hat, dass traditionelle Broadcaster und Content-Entwickler ihre bestehenden Ansätze zur Content-Erstellung und -Verbreitung überdenken. Es steht viel auf dem Spiel: Ein „digital-first”-Ansatz ermöglicht Broadcastern und Rechteinhabern von Content nicht, nur effizienter zu sein, sondern er ermöglicht ihnen auch, ihren Technik-affinen Zuschauern eine bessere Qualität über verschiedenste Plattformen zu bieten – und zwar jederzeit, überall, ob live oder on-Demand.

Es gibt wenig andere Bereiche, in denen eine extrem schnelle globale Content-Verbreitung und ein nahtloses Zuschauererlebnis so wichtig sind, wie in der Sport-Live-Übertragung. Ein gutes Beispiel ist die UEFA Champions League oder der MotoGP der Formel 1. Fußball- und Motorsport-Fans wollen ihren Lieblingssport über verschiedene Plattformen und Geräte verfolgen und dabei jederzeit und an jedem Ort in das Geschehen vor Ort eintauchen können. Sie nutzen vermehrt Social Media, OTT-Dienste oder digitale Plattformen, um Inhalte abzurufen. In Zukunft werden 360°-Live-Videos sowie Virtual und Augmented Reality (VR, AR) die Tür zu Fan-Erfahrungen öffnen, die den Zuschauer besser in den Fokus stellen, für noch mehr Adrenalin sorgen und noch mitreißender sind als jemals zuvor.

Geografische Grenzen mit Live-OTT durchbrechen

Traditionelle Medienproduktion hat sich durch neue digitale Möglichkeiten wie schnelle IP-Netzwerke und Cloud Computing stark verändert. Broadcaster und Rechteinhaber von Inhalten verändern mit innovativen Verbreitungsmodellen nicht nur die Art und Weise, wie Inhalte die Sportfans erreichen. Sie sorgen auch dafür, neue Zuschauergruppen durch neue Wege wie OTT-Übertragung zu erreichen.

Bisher war die Zeitverzögerung zwischen OTT- und TV-Live-Übertragung der Grund, warum diese Technologie aus technischer Perspektive im Live-Sport nur wenig Verbreitung fand. Die Verzögerung kann dabei mehrere Minuten betragen. So konnte ein Zuschauer, der das Geschehen auf dem Fernseher verfolgt, ein entscheidendes Überholmanöver gesehen und darüber getweetet hat, die Rennerfahrung für alle, die das Rennen auf dem Tablet oder Smartphone verfolgten, nachhaltig ruinieren.

Um dieses Problem zu lösen, hat Tata Communications sein Cloud-basiertes Media Ecosystem mit einer Ultra-Live-OTT-Lösung ergänzt. So können zum Beispiel Sportinhalte der Kunden von Plazamedia (einem Tochterunternehmen von Constantin Medien) nun über einen Media Hub in München durch die Ultra-Live-OTT-Lösung verbreitet werden. So entsteht für die Zuschauer keine Verzögerung zwischen dem Geschehen an der Rennstrecke oder der Box und dem Stream zu ihrem Smart-TV oder Mobilgerät. Diese Ultra-Live-Funktionalität kann das Wachstum von Live-OTTDiensten im Sport weiter vorantreiben und Broadcastern dabei helfen, ihre Reichweite zu vergrößern.

Content häppchenweise für die Generation Snapchat bereitstellen

Rechteinhaber von Inhalten und Broadcastern müssen auch die verschiedenen Präferenzen ihrer differenzierten Zuschauergruppen berücksichtigen. Der harte Kern der Fans möchte vielleicht jede Sekunde eines Spiels oder Rennens auf dem Fernseher verfolgen, wohingegen jüngere und digital-affine Millenials jederzeit verfügbaren Content, aber als auf sie zugeschnittene „Häppchen“, die über Snapchat, Facebook oder andere Social Media-Kanäle abrufbar sind. Einige sind vielleicht eher an Interviews oder Behind-the-Scenes-Videos mit ihren Lieblings-Sportstars als am Sport selbst interessiert. Dieser Bedarf an personalisierter Sport-Erfahrung treibt den rasanten Wachstum des Volumens an Sport-Inhalten voran, die Medienunternehmen bewältigen müssen.

Der Anstieg von komplexeren Inhalten führt dazu, dass Rechteinhaber von Inhalten und Broadcaster vermehrt zur Cloud schauen. Denn sie ermöglicht ihnen, Terabytes an Videodaten flexibler, effizienter und kostensparender zu speichern und zu verwalten. Dennoch haben nur wenige Unternehmen – vor allem digitale Start-Ups – die technischen Ressourcen, um ihre eigene Cloud zu verwalten und tendieren daher oft dazu, Infrastruktur zu ‘mieten’ und Dienste über Drittanbieter einzuholen. In diesen Fällen ist es entscheidend zu wissen, wo auf der Welt sich ihre Inhalte befinden – auch bekannt als Datensouveränität. Während Public Clouds eine attraktive Alternative in Bezug auf das Preismodell sind, bieten sie für Unternehmen nur wenig Kontrolle darüber, wo ihre Daten verarbeitet und gespeichert werden. Nach Inkrafttreten der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) drohen Unternehmen hohe Strafen, wenn sie nicht sicherstellen können, wo ihre Daten innerhalb Europas „residieren“. Um diese Herausforderung zu meistern, nutzt Plazamedia einen Private Cloud Node in München, der mit einem Connectivity Hub in seinem Rechenzentrum in Ismaning verbunden ist – so kann die Datensouveränität für seine Kunden auch bei wachsenden Volumen von Videoinhalten garantiert werden.

Ein besseres Sporterlebnis schaffen

Viele der heutigen digitalen Innovationen im Bereich Sport-Broadcasting zielen darauf ab, den Unterhaltungswert für die Fans an der Strecke und zuhause zu erhöhen und ihnen zu ermöglichen, mit ihren Helden auf neue Art und Weise zu interagieren. Deshalb haben 360°-Videos im Sport ein riesiges Potenzial. Dennoch waren viele der sogenannten 360°-Live-Video-Versuche im Sport nicht wirklich live. In einigen Fällen, wie dem UEFA Champions League Finale 2017, wurden immersive Replays zusammengesetzt, die kurz nach dem Live-Geschehen abrufbar waren. Dadurch kam es zu Verzögerungen von rund 30 Sekunden im Vergleich zur Echtzeit – nicht gut genug für die meisten Sportarten, wo jede Millisekunde zählt.

Der Singapore Grand Prix im September dieses Jahres war ein Meilenstein für 360°-Live-Videos. Zusammen mit der Formel 1 hat Tata Communications den weltweit ersten Versuch zur Übertragung von 360°-Live-Videos abgeschlossen, bei dem die Feeds genau synchron mit der TV-Übertragung waren. Zwei 360°-Kameras waren an der Strecke vom Marina Bay Street Circuit in Singapur an der Strecke und in der Box installiert, um zu zeigen, wie Zuschauer zuhause die Welt der F1 in einer VR-nahen Umgebung ganz neu erfahren konnten. So konnten Fans während der Vorbereitungen eines Grand Prix auf ihrem Tablet einen 360°-Live-Video-Feed aus der Box abrufen und so die großen Namen des Sports hautnah erleben. Oder sie konnten während der Einfahrt in die Boxengasse die Fernsehübertragung durch eine 360°-Ansicht dessen vervollständigen, was in der Box in Echtzeit passiert.

Es geht nicht nur um die Verbreitung

Inhalte zu verwalten und zu verbreiten, ist eine Sache, aber dies live umzusetzen – und zwar für eine globale Zuschauerschaft, die ihren Sport überall, jederzeit und auf jedem Gerät verfolgen wollen und dabei über Innovationen wie VR und 360°-Videos tiefer in das Geschehen eintauchen möchte – nochmal eine ganz andere.

Die Digitalisierung der Medienlandschaft bedeutet, dass Rechteinhaber von Inhalten und Broadcaster ihre Betriebsabläufe überdenken müssen – vor allem im Sport, aber auch für jede Art der Unterhaltung. So müssen sie die Grundlagen für ihre digitale Transformation legen, indem sie globale IP-Netzwerke und die Cloud nutzen und ihre eigenen, verbesserten Produktionskapazitäten darauf aufbauen. Die Technologie ist bereit – genau wie Sportfans auf der ganzen Welt.

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