Wo Silicon Valley auf Broadcast-Tradition trifft

FKT Magazin 5/2018

Die Zukunft des Bewegtbilds ist vielfältig – so weit zum Bild, das sich Teilnehmern der diesjährigen NAB eröffnete. Sowohl Konferenz als auch Messe betonten die schier unbegrenzten Möglichkeiten, Inhalte auf verschiedensten Kanälen an die Zuschauer zu bringen, und schickten die Besucher auf Entdeckungsreise durch die verschiedensten Welten aktueller Unterhaltungsangebote. Teils bunt und schrill, teils angenehm zurückhaltend und fokussiert.

Die Besucher aus Europa schienen, rein subjektiv betrachtet, wieder zahlreicher den Weg in die Wüstenstadt gefunden zu haben. Und auch allgemein war Andrang in den Hallen des Las Vegas Convention Center groß: Besonders Besuchern der Südhallen wurde zu Stoßzeiten an den Hauptmessetagen einiges abverlangt. Zunächst schien kein Durchkommen auf den Gängen, bei Gesprächen oder Präsentationen verstand man dann manchmal sein eigenes Wort nicht.

Im Zentrum der Diskussionen stand die Gewinnung der Zielgruppe der „Millenials“ bzw. „Generation Z“. Wie bewegt man eine Generation, die einen Großteil ihrer Zeit mit dem Smartphone in der Hand verbringt, dazu, einen Film im Kino anzuschauen oder – ganz klassisch – das TV-Gerät einzuschalten? Eine einheitliche Patentlösung gibt es nicht,dafür ist die Zielgruppe zu inhomogen. Viele der älteren„Millenials“ haben inzwischen eigene Familien und somit andere Bedürfnisse als die jüngeren, die gerade in ihr Berufsleben oder ihr Studium starten.

Personifizierte Inhalte scheinen das Mittel der Wahl, auch um zusätzlichen Nutzen im Rahmen von Targeted Advertising ziehen zu können. Des Weiteren wird der Anteil an Online-Angeboten auch bei den Rundfunksendern zunehmen. Leicht wird das Vorhaben mit Sicherheit nicht, denn dabei wildern sie in den Gefilden der klassischen Internet-Größen, die bereits seit Jahren ihre Bewegtbildoffensive erfolgreich vorantreiben.

Deutlich selbstbewusst zeigten sich die Vertreter des„Silicon Valley“ demnach in der Präsentation auf ihren Messeständen zusammen mit ihren Technologiepartnern sowie im begleitenden Konferenzprogramm. Allein Google war nach Angaben der Organisatoren an über 30 Panel-Diskussionen beteiligt. Bereits zur Eröffnung hatte man Wochen vor der Show zudem Neal Mohan, Chief Production Officer von Youtube, als Keynote-Redner angekündigt. Doch auch die Broadcast-Anbieter haben ihre Hausaufgaben gemacht und so zeigten sich viele integrierte Lösungen,die vielseitigere Online-Angebote und Social-Media-Interaktionen ermöglichen und auf eine crossmediale Nutzung ausgerichtet sind. 

Bei einem sind sich allerdings alle – sowohl Broadcasterals auch Vertreter der „neuen Medien“ – einig: die Produktion und Bereitstellung von hochauflösendem Video-Content ist eine Kern voraussetzung und sollte bei allen technologischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Ob es denn gleich 8K sein muss, darin scheiden sich die Geister.  Zu beobachten war jedoch, dass am Dauerthema 8K auch in diesem Jahr nicht vorbeizukommen war – ob man wollte, oder nicht.  4K/UHD hingegen schien bei vielen schon als „gesetzter Standard“ festzustehen, gerade wenn es um Online-Videos geht.

Im Zuge dessen nahm die Präsentation des freien Videocodecs AV1 großen Raum ein. Kurz vor Beginn der Messe hatte die dahinterstehende Alliance for OpenMedia dessen Fertigstellung angekündigt. AV1 soll bis zu 30 Prozent höhere Kompressionsraten bei 4K/UHD gegenüber VP9 bieten und steht damit in Konkurrenz zum lizenzpflichtigen H.264-Nachfolger HEVC/H.265. Darüber hinaus stand auch das Thema Monitoring und Analyse von (4K-) Videoströmen bei vielen ganz oben auf der Agenda und das Angebot an – vorwiegend software-basierten – Lösungen in diesem Bereich entsprechend groß.    

Im Zuge der IP/IT-Thematik nicht fehlen durfte natürlich ein neuerlicher IP Showcase, der die aktuellen Bemühungen der Anbieter hinsichtlich der Umsetzung der SMPTE ST 2110-Standardreihe und AMWA NMOS-Spezifikationen zeigte. Das hierzu eingerichtete und von der IABM kuratierte IP Showcase Theater war als Teil des IP Showcase der Alliance for Open Media (AIMS) angekündigt. Und auch wenn die dort gezeigten Technologien inzwischen nicht mehr den Reiz des komplett Neuen für sich in Anspruch nehmen können und weniger spektakulär daherkommen als etwa ein selbstfahrender Bus mit Entertainment-Angebot (auch wenn dieser Messebesuchern der CES Anfang des Jahres schon vertraut war, wie berichtet wurde), so war zu sehen, dass die Zusammenarbeit der verschiedenen Interessensgruppen durchaus Früchte trägt und der Stillstand und die Ohnmacht vergangener proprietärer Lösungswege längst überwunden zu sein scheinen.

Dass in einer vernetzten IP/IT-Welt neben denIT-Standardthemen rund um Netzwerk, Software und Cloud oder Cyber-Sicherheit auch der Einsatz von MachineLearning und künstlicher Intelligenz bzw. Robotiki n die Medienwelt weiter Einzug hält, liegt auf der Hand. Bei den neueren Themen stand zudem die Diskussion um eSports im Fokus. Der Trend rund um AR/VR war allerdings, wie in den letzten Branchenveranstaltungen schon zu sehen, deutlich abgeebbt, auch wenn die gezeigten Lösungen an Qualität zugelegt haben. Im Zugevon eSports dürfte allerdings bei den jüngeren Generationendas Interesse an virtuellen Welten auch in Zukunfts eine Nische finden.

Sowohl Broadcast- als auch IT-Community haben auf der diesjährigen NAB einen starken Auftritt hingelegt und so die Weichen für ein Neben- und Miteinander von IT und Broadcast weiter gestellt.

Langweilig wird es so in den nächsten Jahren bestimmt nicht und die nächsten großen Branchenveranstaltungen werden die Spreu weiter vom Weizen trennen. Den Termin für die NAB 2019 haben die Veranstalter schon bekannt gegeben: vom 6. bis 11. April 2019 wird dann die Branche wieder in Las Vegas erwartet.

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