Ein digitaler Lern-Buddy, der nie die Nerven verliert. Ein motivierender Tutor, der rund um die Uhr zur Verfügung steht. Ein wortgewandter Sparringspartner, der die Prüfungsinhalte sattelfest beherrscht. So lässt sich der „Pedagogical Educational Tutor“ – kurz: PET – beschreiben, der Studierenden hilft, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Von der Technik und von der Handhabung her ähnelt der digitale Tutor dem Textgenerator ChatGPT. Mit beiden können Nutzer:innen über Fragen und Antworten kommunizieren. Beide nutzen Künstliche Intelligenz, um ihre Antworttexte zu generieren. Der Unterschied: „Bei unserem PET können Studierende sicher sein, dass die Antwort stimmt. Und sie bekommen gleich noch die Quelle der Aussage angegeben“, erklärt Andreas Reich, der den Tutor entwickelt hat.
Grundlage des digitalen Tutors: Vortragsfolien, Vorlesungsskripte und bald auch Videos
Von Haus aus ist Reich Medieninformatiker. Seit fast 2 Jahren nutzt er diese Kompetenz für das Projekt „Digitalisierung entlang Lehren, Lernen und Forschen integrieren“ (DeLLFi). Dabei handelt es sich um eines von zahlreichen Maßnahmenpaketen, mit denen die Universität Hohenheim die digitale Transformation auf dem Campus vorantreibt. Daneben promoviert der 26–jährige im Institut für Kommunikationswissenschaft bei Prof. Dr. Jens Vogelgesang. Betreut werden seine Projekt- und auch die Doktor-Arbeit auch von Prof. Dr. Matthias Wölfel von der Hochschule Karlsruhe, der mit der Universität Hohenheim assoziiert ist. Auf dessen Idee und Vorarbeiten baut auch Reichs aktueller Tutor auf.
Damit die Künstliche Intelligenz des Tutors wirklich weiß, wovon sie spricht, hat Reich sie bereits mit Vortragsfolien und Vorlesungsskripten der Universität Hohenheim trainiert. Als nächstes soll der Tutor auch noch Video-Aufzeichnungen und ausgewählte Fachliteratur auswerten. Dank Spracherkennung können Studierende bereits mündlich mit dem Chatbot kommunizieren: Fragen stellen, sich abfragen lassen und den Lernstand bewerten. So lassen sich auch Lücken identifizieren und dank Quellenhinweis gezielt schließen. „Das Ganze ist ein System zur Unterstützung der Lehre“, erklärt Reich. „Das heißt, wir ersetzen nicht die Dozentinnen und Dozenten. Diese müssen weiterhin alle relevanten Informationen zusammenstellen. Aber wir ergänzen ihre Arbeit.“ Die Beta-Version seines Tutors will Reich bereits im Sommersemester testen. Parallel dazu experimentieren Professor:innen der Universität Hohenheim, wie sich ChatGPT als bereits weit verbreitete Standardsoftware im Studium einsetzen lässt.
Pilotprojekte zu ChatGPT starten im Sommersemester
Einer davon ist Prof. Dr. Henner Gimpel, Wirtschaftsinformatiker und Leiter des Fachgebietes Digitales Management. Ab kommender Woche will er ChatGPT in vier seiner Lehrveranstaltungen verwenden. „In allen Veranstaltungen geht es darum, die so genannte generative Künstliche Intelligenz (KI) kennenzulernen. ChatGPT ist ein prominentes Beispiel einer generativen KI, das erstaunlich gut darin ist, Texte zu verstehen und neue Texte zu generieren“, so Prof. Dr. Gimpel. Studierende werden beispielsweise darin angeleitet, ChatGPT – auf freiwilliger Basis – dafür einzusetzen, ein Thema einzugrenzen, einen Text zu strukturieren, zu entwerfen, zu redigieren und kurz zusammenzufassen. „Diese individuelle, selbstgesteuerte, praktische Erfahrung im Umgang mit ChatGPT ergänzen wir in der gemeinsamen Diskussion im Hörsaal. Hier fokussieren wir auf die technischen Grundlagen solcher Systeme, die Einsatzmöglichkeiten in der eigenen Arbeit und in Organisationen sowie die Risiken und Nebenwirkungen.“
Ein solches Risiko sei, dass ChatGPT – im Gegensatz zum Hohenheimer Tutor – Quellen erfinde, die es gar nicht gibt und so Falschinformationen verbreite. Eine andere Gefahr sei, dass Studierende mit ChatGPT Plagiate in Texte einbauten oder Urheberrechte verletzten. In anderen Lehrveranstaltungen werden die Studierenden ChatGPT nutzen, um Software-Code zu schreiben und zu kommentieren. In Seminar- und Abschlussarbeiten entwickeln Studierende Anwendungen, die auf ChatGPT aufbauen und es in den betrieblichen oder universitären Einsatz bringen. In einem Seminar werden die ethischen und sozialen Rahmenbedingungen und Auswirkungen generativer KI untersucht.
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